Garib

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24.August 2022

Es war schon immer mein Wunsch mein Pferd mit möglichst viel Auslauf und Sozialkontakt zu halten und in der Theorie schien dies auch zunächst problemlos möglich zu sein. Als ich Garib im Sommer 2011 als 3-jähriges Pferd zu mir holte, schien alles perfekt. Ich hatte mir meinen langjährigen Traum vom eigenen Pferd erfüllt und ich hatte ein gutes Zuhause für ihn. Den Stall kannte ich schon und ich war mir sicher, dass er es dort gut haben wird. Den anderen Pferden ging es dort ja schließlich auch hervorragend. Dann kam Garib und bereits in den ersten zwei Wochen wurde mir klar, dass es mehr auf die Bedürfnisse des einzelnen Pferdes ankommt als auf die theoretischen Gegebenheiten am Stall. Im Laufe der Jahre begleitete mich Garib aufgrund von Wohnortswechseln an mehrere Ställe, die alle meine theoretischen Anforderungen an eine möglichst artgerechte Pferdehaltung erfüllten. Doch immer wieder wurde deutlich, dass manche Pferde wirklich spezielle Ansprüche haben und eine entsprechende Haltung schwierig sein kann. Zu wenig Platz für zu viele Pferde, keine Rückzugsmöglichkeiten, ständige Tritt- und Bissverletzungen, zu viel Futter, eine vermutete Hufrehe, dominantes Pferd vs. rangniedriges Pferd, die Liste der Probleme ist lang. Ich probierte, meinem Pferd zuliebe, viel aus. Eine Zeit lang stand er mit anderen Pferden separiert mit weniger Weidegang, aber je weniger „normal“ ich ihn halten konnte oder wollte, desto mehr zusätzliche Arbeit zog es für mich nach sich. Später kam noch hinzu, dass Garib gesundheitsbedingt nicht mehr richtig geritten werden konnte, was mich wieder in ernsthafte Überlegungen stürzte, wie ich ihm am besten gerecht werden kann. Noch schlimmer war eigentlich, dass ich immer wieder das Gefühl hatte, dass auch Garib mit den ganzen „Notlösungen“ nicht wirklich zufrieden war. Wie soll ich ein Hufrehe gefährdetes, übergewichtiges Pferd halten, das ich nur noch im Schritt bewegen kann???

Ich suchte die Nadel im Heuhaufen und das Problem war einfach, dass „Rentnerplätze“ entweder darauf abzielten das Pferd irgendwo „abzustellen“ oder ihm möglichst viel Futter zur Verfügung zu stellen. Ich wollte beides nicht und er sollte auch in der Nähe bleiben. Und so kam es, dass ich eines Tages auf die Homepage von Dagmar und Holger stieß. Klar fand ich den Internetauftritt von Anfang an gut, aber ich erinnerte mich auch gleich an die Probleme der Vergangenheit. Irgendwann habe ich dann aber doch einen Besichtigungstermin vereinbart und bin nach Amelsen gefahren.

Es war ein schöner sonniger Frühlingstag und schon die Fahrt dorthin hatte mir gute Laune verschafft. Direkt am Stall war es wie aus dem Bilderbuch: Fröhlich zwitschernde Vögel, ein freundlicher Hund und eine ebenfalls sehr freundliche Stallbesitzerin, die mich gleich vom Hoftor abholte. Ein entspanntes Pferd wurde draußen geputzt, auch von der Besitzerin wurde ich sehr nett begrüßt und es machte einfach von Anfang an Spaß. Der erste Blick in den Offenstall war ebenfalls wunderbar. Eine völlig entspannte Herde. Besonders beeindruckt hat mich das Offenstallkonzept. Hier haben sich Dagmar und Holger wirklich Gedanken gemacht und durch die verschiedenen Unterstell-, Fress-, und Beschäftigungsmöglichkeiten an alle Pferde gedacht, egal ob rangniedrig oder ranghoch. Der Stall orientiert sich außerdem an den natürlichen Bedürfnissen und Verhaltensweisen der Pferde und nicht vorrangig an den Wünschen der Besitzer. Obwohl ich aufgrund meines Pferdes und meiner bisherigen Erfahrung reiner Wiesenhaltung (wenn auch nur im Sommer) eher skeptisch gegenüberstehe, überzeugte mich auch das Weidekonzept und auch hier kann man sehen, dass die Bedürfnisse der Pferde immer an erster Stelle stehen. Letzten Endes habe ich mich vor allem aufgrund von Dagmars und Holgers Einstellung FÜR ihren Stall entschieden. Es war einfach genauso wie ich es mir oft vorgestellt oder gewünscht hatte. Hier bekommt jedes Pferd ein Zuhause, liebevoll beschriftete Trensen- und Deckenhalter sind vielleicht nur ein kleines Detail, zeugen aber dennoch davon, dass hier jedes Pferd ein Teil der „Familie“ ist und nicht nur ein Einstellpferd mit laufender Nummer. Hier wird jeden Tag mit Sachverstand geschaut und dafür gesorgt, dass jedes Pferd jeden Tag voll versorgt ist und es ihm wirklich gut geht. Zur Not auch mit individuellen Lösungen. Die Besitzer werden häufig mit netten Nachrichten und Fotos ihrer Lieblinge beruhigt. Endlich bekommt man etwas mehr von ihrem Alltag mit. Diese Einstellung macht diesen Ort zu etwas Besonderem und trägt dazu bei, dass auch das Stallkonzept funktioniert.

Wir sind jetzt seit Ende Mai 2022 hier und Garib stand den Sommer über – aufgrund der Hufrehegefahr – mit Pony Max in der Offenstallanlage. Zu meiner Begeisterung hat Garib sogar, trotz ständigem Heuangebot, tatsächlich etwas abgenommen. Jetzt wurde er kürzlich auf der Sommerwiese in die bestehende Herde integriert, als Vorbereitung auf die Offenstallhaltung im Winter. Was soll ich sagen, bisher lief auch das völlig problemlos. Die Herde ist wirklich hervorragend sozialisiert und ausgeglichen und ich bin mir sicher, dass dies die Früchte des gesamten Haltungskonzeptes sind. Wer wünscht sich nicht ein gesundes, ausgeglichenes Pferd und einen Stall mit klarem Konzept, Sachverstand und einfach netten Menschen. Ich bereue unseren Umzug bislang keine Minute und hoffe, dass ich meinem Pferd, trotz seiner speziellen Bedürfnisse, nun endlich ein passendes Umfeld bieten kann.

9. Januar 2024

Seit meinem letzten Eintrag ist nun mehr als ein Jahr vergangen und inzwischen kann man wohl sagen, dass Garib hier ZUHAUSE ist. Er hat seinen Platz gefunden und ist insgesamt sehr ausgeglichen. Frisch paniertes Fell, zahlreiche Fellpflegefotos mit anderen Pferden oder Fotos von liegenden oder schlafenden Pferden zeugen wohl von einem glücklichen Pferdeleben. Ein weiterer wunderbarer Sommer und zwei Silvester später, fühlen wir uns immer noch genauso wohl und sind um viele schöne Begegnungen – menschlicher und tierischer Natur – reicher. Mich begeistert nach wie vor wie pragmatisch „Probleme“ hier in Absprache gelöst werden und so eigentlich zu gar keinen richtigen Problemen werden. Auch für Ausnahmesituationen wie z.B. der jährliche Silvesterabend oder plötzliches Glatteis, für alles gibt es schnelle, pferdegerechte Lösungen, die immer zügig und proaktiv umgesetzt werden. Auch Umgestaltungen an der Anlage oder am Hof zielen immer auf das Pferdewohl ab und sind nicht selbstverständlich. Ich kann nur sagen. DANKE…dass Garib hier einfach Pferd sein darf und DANKE…dass ich weiß, dass er hier gut aufgehoben ist !!!